Wird mir KI meinen Job wegnehmen? Nein, solange du spielst. Zum Ordnen von Gedanken und Mitreden hilft mir Hannah Arendt.
Von unserem COO, Marc Hagen Möller*
Work, Labour, Action
Die Philosophin Hannah Arendt spricht in ihrem Buch The Human Condition von Work (Herstellen) als eine Handlung, die darin ihren Sinn findet, dass ein Produkt entsteht. Vom Hufschmied bis zum Anwalt, alles Work. Solche Jobs brauchen Handwerk und ein zielführendes Verfahren – einen Algorithmus. Den zu entwickeln und zu exekutieren, können Maschinen bald besser und schneller als Menschen. Technische Prozessoren denken und begreifen nicht, sie rechnen bloß und kommen so schneller ans Ziel.
Ähnlich steht es um die Zukunft der Pflege, des Kochens und der Landwirtschaft. Von Arendt als Labour (Arbeit) benannt sind solche Tätigkeiten, die in den Zwang der menschlichen Physis fallen und die in zermürbender Regelmäßigkeit wiederholt werden müssen. Auch hier werden Maschinen übernehmen, leider zum Preis des Individuums.
Übrig aber bleiben die schöpferischen, kreativen Tätigkeiten. Die Action (Praxis). All das, was keiner Zielvorgabe oder dem Zwang der Natur folgt, sondern einzig dem inneren Antrieb. Das Spiel, die Sprache, die Kunst und die Politik. Action entspringt dem Faktum der Natalität, dem Umstand, dass wir geboren werden und als Anfänger in die Welt kommen. Der Kreislauf: Wir spielen, um zu lernen, wir lernen, um zu handeln.
Spiel als Future Making
In jedem dystopischen Zukunftsszenario wird das Spiel der Arbeit und der Produktion untergeordnet. Souveränität wird den Daten übergeben. In der Schattenseite der Digitalisierung verschwindet das Spiel. Übrig bleibt einzig die Berechnung.
Als gelernter Jazzmusiker war meine Ausbildung geprägt vom Spielen lernen. Der Jazz kreiert durch das Spiel die Musik. Jazzmusiker spielen als Beruf und müssen das ihren Eltern erklären. Mehr Action geht nicht. Unternehmen wie Google haben das Potential des Spiels längst erkannt. Wer nicht spielt, ist in Arendts Framework entweder Hersteller oder Arbeiter und wird wegoptimiert. Wer aber spielt, tritt in Action, ist kreativ, lernt und wird damit unersetzlich.
Um von der KI nicht ausgewechselt zu werden, empfehle ich als innovative Erstmaßnahme, wieder mal zu spielen. Ist das Unwichtige automatisiert, ist dafür auch wieder Zeit. Mein Brainstorm für nächste Woche:
- Nicht ja / nein, schwarz / weiß oder ChatGPT sagen
- Präsentationen in Reimform
- Inbox Zero mit Fäustlingen
- Verkleidet im Online-Meeting (Bildausschnitt)
Ganz wichtig dabei: Lachen. Keine KI hat Humor.
*Hagen ist gelernter Jazzmusiker und Absolvent des Studiengangs „Leadership in digitaler Innovation“.